COVID-19: Maßnahmen für in Not geratene Unternehmen

Der Corona-Virus (SARS-CoV-2) führt zu massiven Einschränkungen in der Wirtschaft. Zahlreiche – eigentlich gesunde – Unternehmen werden in den nächsten Tagen und Wochen in ernste wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, weil etwa Betriebsstätten geschlossen werden, Mitarbeiter fehlen, Aufträge wegbrechen oder erwartete Zahlungen ausbleiben. Hinzu kommt noch eine gehörige Portion Unsicherheit: Niemand weiß heute, wie lange die Ausnahmesituation dauern wird.

Die Bundesregierung – ebenso wie die Entscheidungsträger auf europäischer Ebene – hat die Notwendigkeit schneller Hilfen erkannt und diverse Maßnahmen beschlossen. An dieser Stelle wollen wir Ihnen einen Überblick über die zur Verfügung stehenden Möglichkeiten geben, wobei wir auch auf die von der Bundesregierung angekündigten Maßnahmen eingehen.

Die nachfolgenden Ausführungen werden dabei regelmäßig aktualisiert. Für ergänzende Informationen und/oder eine Unterstützung bei der Umsetzung stehen wir von SPIEKR & JAEGER Ihnen natürlich auch sehr gerne im persönlichen Gespräch – auch per Audio- oder Videokonferenz – zur Verfügung.

Aussetzung der Insolvenzantragspflicht

Bei Vorliegen der sog. Insolvenzgründe der Überschuldung und/oder der Zahlungsunfähigkeit ist die Geschäftsleitung einer UG, GmbH, GmbH & Co. KG, AG usw. dazu verpflichtet, ohne schuldhaftes Zögern, spätestens aber drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen. Tut sie dies nicht, macht sich die Geschäftsleitung nicht nur zivilrechtlich haftbar, sondern auch strafbar.

Um zu vermeiden, dass betroffene Unternehmen allein deshalb einen Insolvenzantrag stellen müssen, weil die Bearbeitung von Anträgen auf öffentliche Hilfen bzw. Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen in der außergewöhnlichen aktuellen Lage nicht innerhalb der dreiwöchigen Insolvenzantragspflicht abgeschlossen werden können, soll daher durch eine gesetzliche Regelung für einen Zeitraum bis zum 30.09.2020 die Insolvenzantragspflicht ausgesetzt werden. Das Bundesjustizministerium ist derzeit damit beschäftigt, eine entsprechende gesetzliche Regelung zu schaffen.

Voraussetzung für die Aussetzung soll sein,

  • dass der Insolvenzgrund auf den Auswirkungen der Corona-Epidemie beruht und
  • dass aufgrund einer Beantragung öffentlicher Hilfen bzw. ernsthafter Finanzierungs- oder Sanierungsverhandlungen eines Antragspflichtigen begründete Aussichten auf Sanierung bestehen.

Wenn Sie sich auf diese in Kürze in Kraft tretende Regelung berufen wollen, sollten Sie dennoch für eine hinreichende Dokumentation sorgen, um einer späteren zivil- oder sogar strafrechtlichen Haftung zu entgehen. Hierbei unterstützen wir Sie gerne.

Kredite und Liquiditätshilfen der Bundesregierung bzw. der KfW

Um einen „Schutzschild“ für Unternehmen zu errichten, hat die Bundesregierung Sofortmaßnahmen eingeleitet. Dazu zählen:

  • Liquiditätshilfen: Die Gewährung von Steuer-Stundungen wird erleichtert. Die Finanzbehörden können Steuern stunden, wenn die Einziehung eine erhebliche Härte darstellen würde. Die Finanzverwaltung wird angewiesen, dabei keine strengen Anforderungen zu stellen. Damit wird die Liquidität der Unternehmen unterstützt, indem der Zeitpunkt der Steuerzahlung hinausgeschoben wird. Vorauszahlungen können leichter angepasst werden. Sobald klar ist, dass die Einkünfte der Steuerpflichtigen im laufenden Jahr voraussichtlich geringer sein werden, werden die Steuervorauszahlungen unkompliziert und schnell herabgesetzt. Die Liquiditätssituation wird dadurch verbessert. Auf Vollstreckungsmaßnahmen (z. B. Kontopfändungen) beziehungsweise Säumniszuschläge wird bis zum 31. Dezember 2020 verzichtet, solange der Schuldner einer fälligen Steuerzahlung unmittelbar von den Auswirkungen des Corona-Virus betroffen ist.
  • Vereinfachte und erweiterte Kreditgewährung: Die Bedingungen für den KfW-Unternehmerkredit (für Bestandsunternehmen) und ERP-Gründerkredit-Universell (für junge Unternehmen unter 5 Jahre) werden gelockert, indem Risikoübernahmen (Haftungsfreistellungen) für Betriebsmittelkredite erhöht und die Instrumente auch für Großunternehmen mit einem Umsatz von bis zu zwei Milliarden Euro (bisher: 500 Millionen Euro) geöffnet werden. Durch höhere Risikoübernahmen in Höhe von bis zu 80 % für Betriebsmittelkredite bis 200 Millionen Euro soll die Bereitschaft von Hausbanken für eine Kreditvergabe angeregt werden. Für das Programm für größere Unternehmen wird die bisherige Umsatzgrenze von zwei Milliarden Euro auf 5 Milliarden Euro erhöht. Dieser „KfW Kredit für Wachstum“ wird umgewandelt und künftig für Vorhaben im Wege einer Konsortialfinanzierung ohne Beschränkung auf einen bestimmten Bereich (bisher nur Innovation und Digitalisierung) zur Verfügung gestellt. Die Risikoübernahme wird auf bis zu 70 % erhöht (bisher 50 %). Hierdurch soll der Zugang von größeren Unternehmen zu Konsortialfinanzierungen erleichtert werden.
  • Bürgschaften: Bei den Bürgschaftsbanken wird der Bürgschaftshöchstbetrag auf 2,5 Millionen Euro verdoppelt. Der Bund wird seinen Risikoanteil bei den Bürgschaftsbanken um 10 % erhöhen, damit die in der Krise schwer einzuschätzenden Risiken leichter geschultert werden können. Die Obergrenze von 35 % Betriebsmitteln am Gesamtobligo der Bürgschaftsbanken wird auf 50 % erhöht. Um die Liquiditätsbereitstellung zu beschleunigen, eröffnet der Bund die Möglichkeit, dass die Bürgschaftsbanken Bürgschaftsentscheidungen bis zu einem Betrag von 250.000 Euro eigenständig und innerhalb von 3 Tagen treffen können. Das bislang auf Unternehmen in strukturschwachen Regionen beschränkte Großbürgschaftsprogramm (parallele Bund-Länder-Bürgschaften) wird für Unternehmen außerhalb dieser Regionen geöffnet. Der Bund ermöglicht hier die Absicherung von Betriebsmittelfinanzierungen und Investitionen ab einem Bürgschaftsbedarf von 50 Mio. Euro. und mit einer Bürgschaftsquote von bis zu 80 %.
  • KfW Sonderprogramm: Die KfW wird für kleine und mittlere sowie bzw. für große Unternehmen je ein Sonderprogramm vorbereiten und schnellstmöglich einführen. Dafür werden die Risikoübernahmen bei Investitionsmitteln (Haftungsfreistellungen) deutlich verbessert und betragen bei Betriebsmitteln bis zu 80 %, bei Investitionen sogar bis zu 90 %. Diese sollen auch von Unternehmen in Anspruch genommen werden können, die krisenbedingt vorübergehend in Finanzierungsschwierigkeiten (krisenadäquate Erhöhung der Risikotoleranz) geraten sind. Der Start dieser Sonderprogramme unterliegt dem Vorbehalt einer Genehmigung durch die Europäische Kommission.

Kurzarbeit

Für den Fall von Betriebsschließungen oder Schwierigkeiten im Betrieb aufgrund von ausbleibenden Aufträgen oder fehlenden Zulieferungen kann das Kurzarbeitergeld eingreifen. Es kann auf Antrag im Einzelfall durch die jeweilige zuständige Agentur für Arbeit gewährt werden. Das Kurzarbeitergeld wird flexibler. Unternehmen können es künftig unter erleichterten Voraussetzungen erhalten. So kann Kurzarbeitergeld unter anderem bereits dann beantragt werden, wenn zehn Prozent (bislang: 1/3) der Beschäftigten vom Ausfall betroffen sind.

Hilfen für Kleinunternehmer und Solo-Selbständige

Die Bundesregierung arbeitet derzeit an einer Lösung für Härtefälle im Bereich von Kleinunternehmern und sog. Solo-Selbständigen, die besonders hart von der Corona-Krise getroffen werden, weil plötzlich sämtliche Umsätze wegbrechen. Diskutiert werden Fördergelder, um bspw. Mieten bezahlen zu können. Sobald wir dazu etwas Neues wissen, veröffentlichen wir es an dieser Stelle.

Förderbanken der Länder

Nahezu sämtliche Förderbanken der Länder (z.B. NRW-Bank oder WI-Bank) haben ihre Kreditvergabe vereinfacht und/oder ausgeweitet, so dass schnell und unkompliziert Liquidität beschafft werden kann.

  • Kay U. Koeppen, LL.M.

    • Rechtsanwalt
    • Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
    • Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht