Aktuelle Entwicklung im Recht der Zahlungsverbote nach Insolvenzreife

Nach § 15b der Insolvenzordnung („InsO“) sind die Mitglieder des Vertretungsorgans juristischer Personen, also bei Gesellschaften mit beschränkter Haftung („GmbH“) deren Geschäftsführer und bei Aktiengesellschaften („AG“) deren Mitglieder des Vorstandes, gegenüber der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung geleistet werden. Eine entsprechende Ersatzpflicht trifft die Geschäftsleiter nicht im Hinblick auf solche Zahlungen, die auch nach diesem Zeitpunkt mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar sind.

Der Gesetzgeber hat diese Haftung wegen verbotener Zahlungen, die bis zum 31.12.2020 in den Spezialgesetzen (z.B. § 64 S. 1 GmbHG, § 93 Abs. 2 Nr. 6 AktG) normiert waren, mit dem Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts nunmehr rechtsformübergreifend in der Insolvenzordnung geregelt. Dieser Schritt ist konsequent, waren die Zahlungsverbote doch bereits in der Vergangenheit von der Rechtsprechung mehr als insolvenzrechtliche denn gesellschaftsrechtliche Regelungen interpretiert worden.

Mit der Gesetzesänderung gehen Haftungserleichterungen der Geschäftsführer einher: Beispielsweise soll für Geschäftsleiter, die die in § 15a InsO statuierte Insolvenzantragspflicht nicht verletzen, ein großzügigerer Maßstab gelten. Solche Zahlungen, die es ermöglichen, den Geschäftsbetrieb ordnungsgemäß fortzuführen, lösen die Haftung der Geschäftsleiter dann nicht aus, wenn hierbei keine Verluste zum Nachteil der Gläubiger entstehen, § 15b Abs. 2 InsO. Demgegenüber sollen Haftungsprivilegien für solche Zahlungen nicht in Betracht kommen, die nach Ablauf der maximal dreiwöchigen Insolvenzantragsfrist des § 15a InsO erfolgen. Darüber hinaus stellt der Gesetzgeber klar, dass die Zahlungsverbote grundsätzlich auch nach Stellung des Insolvenzantrages Anwendung finden.

In Anbetracht der Tatsache, dass Insolvenzverwalter bereits nach dem ihnen gesetzlich obliegenden Auftrag verpflichtet sind, potentielle Haftungsansprüche gegen die Geschäftsleiter geltend zu machen, ist immer wieder von Relevanz, ob eine Haftung der Geschäftsleiter wegen verbotener Zahlungen durch sogenannte Manager-Haftpflichtversicherungen (D&O-Versicherungen) gedeckt ist. Diese Frage hatte eine Reihe von Oberlandesgerichten verneint. Der Bundesgerichtshof hat nun in einer aktuellen Entscheidung (Urt. v. 18.11.2020, IV ZR 217/19) für die Haftung von Geschäftsführern wegen Verstoßes gegen das Zahlungsverbot in § 64 GmbHG a.F. klargestellt, dass der insofern bestehende Haftungsanspruch regelmäßig nach den Versicherungsbedingungen für D&O-Versicherungen versichert ist. Diese Entscheidung ist in Anbetracht des erheblichen Haftungsrisikos der Geschäftsleiter in der Krise der Gesellschaft zu begrüßen. Es ist wahrscheinlich, dass diese Rechtsprechung auch auf die nun in § 15b InsO geregelte Haftung übertragbar ist.