Zur geplanten Reform des Stiftungsrechts

Am 03.02.2021 hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Gesetzes zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts beschlossen. Das sogenannte Stiftungszivilrecht war bislang nicht abschließend im Bürgerlichen Gesetzbuch („BGB“) geregelt. Vielmehr haben die Bundesländer jeweils eigene Stiftungsgesetze erlassen, die die Regelungen des BGB ergänzen und weitere zumeist öffentlich-rechtliche Regelungen, etwa zur Stiftungsaufsicht, enthalten. Ziel des Gesetzentwurfs ist es zu einem, das zivilrechtliche „Nebeneinander“ von bundes- und landesrechtlichen Regelungen durch eine abschließende und einheitliche Regelung im BGB zu beseitigen, um so eine bundeweit einheitliche Stiftungspraxis zu ermöglichen. Zweiter Kernpunkt des Entwurfs ist die Schaffung eines zentralen Stiftungsregisters. Bislang gibt es nur Stiftungsverzeichnisse, die bei den jeweiligen Landesstiftungsbehörden – in Nordrhein-Westfalen sind dies die Bezirksregierungen – geführt wurden. Die Vertretungsmacht eines Stiftungsvorstandes konnte nur über sogenannte Vertretungsbescheinigungen erbracht werden. Ein dem Handels- oder Vereinsregister entsprechendes förmliches Register gab es für Stiftungen bislang nicht.

Die Regelungen des Gesetzesentwurfs stellen sich in den Grundzügen wie folgt dar:

Die Entstehung der Stiftung

Zur Entstehung der Stiftung sind nach wie vor das Stiftungsgeschäft und die Anerkennung durch die zuständige Landesbehörde erforderlich. Fortgeführt wird die erst 2013 kodifizierte Unterscheidung zwischen der regulären Stiftung, die auf unbestimmte Zeit errichtet ist, und der Verbrauchsstiftung, die auf bestimmte Zeit errichtet wird, innerhalb derer ihr gesamtes Vermögen zur Erfüllung ihres Zwecks zu verbrauchen ist. Nach Eintragung in das Stiftungsregister hat die Stiftung ihren Namen mit dem Zusatz „eingetragene Stiftung“ zu führen, der als „e. S.“ abgekürzt werden kann. Die Verbrauchsstiftung hat mit der Eintragung den Zusatz „eingetragene Verbrauchsstiftung“ oder die Abkürzung „e. VS.“ zu führen.

Die Stiftung ist anzuerkennen, wenn das Stiftungsgeschäft den gesetzlichen Anforderungen genügt und die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert erscheint, es sei denn, die Stiftung würde das Gemeinwohl gefährden.

Stiftungsvermögen und dessen Verwaltung

Im Stiftungsgeschäft muss der Stifter der Stiftung die Errichtungssatzung geben, in der wenigstens Zweck, Name, Sitz und die Bildung des Vorstands bestimmt werden, und ihr zur Erfüllung des vorgegebenen Stiftungszwecks ein Vermögen widmen, das der Stiftung zu ihrer eigenen Verfügung zu überlassen ist. Das gewidmete Vermögen bildet zusammen mit den Zustiftungen sowie von der Stiftung dazu bestimmten Vermögen das sogenannte Grundstockvermögen. Eine Zustiftung ist das der Stiftung zugewendete Vermögen, das vom Zuwendenden dazu bestimmt wurde, Teil des Grundstockvermögens zu werden. Das Grundstockvermögen ist ungeschmälert zu erhalten. Der Stiftungszweck ist mit den Nutzungen des Grundstockvermögens zu erfüllen. Neben dem Grundstockvermögen besteht das Stiftungsvermögen auch aus ihrem sonstigen Vermögen.

Die Verbrauchsstiftung hat demgegenüber lediglich sonstiges Vermögen, in das also auch ihr gewidmetes Vermögen fällt. Sie kann auch – in Ermangelung eines Grundstockvermögens – keine Zustiftungen erhalten, sondern nur Zuwendungen, die zum Verbrauch bestimmt sind. Der Stifter kann aber auch für die Dauerstiftung einen Teil des gewidmeten Vermögens zu sonstigem Vermögen bestimmen; ebenso kann durch die Satzung bestimmt werden, dass die Stiftung einen Teil des Grundstockvermögens verbrauchen darf, sofern zugleich die Verpflichtung besteht, den verbrauchten Teil in absehbarer Zeit wieder aufzustocken.

Stiftungsorgane und Organpflichten

Als Organe muss die Stiftung zumindest einen Vorstand haben. In der Satzung können aber auch weitere Organe vorgesehen werden. Organmitglieder sind grundsätzlich unentgeltlich tätig, wovon allerdings durch die Satzung abgewichen werden kann. Die Haftung für Pflichtverletzungen gegenüber der Stiftung kann nur in der Errichtungssatzung beschränkt werden. Bei der Führung der Stiftungsgeschäfte hat der Vorstand die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsführers anzuwenden. Für die Organmitglieder streitet dabei der gerichtlich nicht überprüfbare Ermessensspielraum von Geschäftsführern und Vorständen (sogenannte „Business Judgment Rule“): Eine Pflichtverletzung liegt dann nicht vor, wenn das Organmitglied bei der Geschäftsführung unter Beachtung der gesetzlichen und satzungsgemäßen Vorgaben vernünftigerweise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Stiftung zu handeln. Zudem ist keine Beweislastumkehr hinsichtlich eines Verschuldens vorgesehen.

Satzungsänderungen

Satzungsänderungen sind nach einem gestuften Katalog möglich. Je stärker eine Satzungsänderung das Wesen der Stiftung verändern würde, desto höhere Anforderungen werden an die entsprechende Satzungsänderung gestellt. Ein anderer Zweck kann der Stiftung durch Satzungsänderung daher nur gegeben werden, wenn die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks unmöglich ist oder der Stiftungszweck das Allgemeinwohl gefährdet. Prägende Bestimmungen der Stiftungsverfassung können geändert werden, wenn sich die Verhältnisse nach Errichtung der Stiftung wesentlich verändert haben und eine Änderung erforderlich ist, um die Stiftung an die veränderten Verhältnisse anzupassen. Sonstige Satzungsbestimmungen können geändert werden, wenn es der Erfüllung des Stiftungszwecks dient. Der Stifter kann in der Errichtungssatzung Satzungsänderungen ausschließen, beschränken oder abweichende Änderungsermächtigungen festlegen. Die Satzungsänderung bedarf der Genehmigung durch die zuständige Landesbehörde.

Auflösung und Aufhebung der Stiftung

Der Vorstand soll eine Stiftung auflösen, wenn die dauernde und nachhaltige Erfüllung ihres Zwecks endgültig unmöglich ist. Ist diese Voraussetzung gegeben und entscheidet der Vorstand nicht rechtzeitig über die Auflösung, soll die Stiftung durch die zuständige Landesbehörde aufgehoben werden. In bestimmten Konstellationen ist die Aufhebung durch die zuständige Landesbehörde auch zwingend vorgesehen. Durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens – oder durch den Beschluss, durch den die Eröffnung mangels Masse abgewiesen wird – wird die Stiftung von Gesetzes wegen aufgelöst. Das Vermögen der Stiftung fällt nach Auflösung oder Aufhebung an den Anfallberechtigten, der entweder durch die Satzung bestimmt wird oder aufgrund der Satzung durch ein Stiftungsorgan bestimmt wird. Fehlt es an der Bestimmung eines Anfallberechtigten, fällt das Stiftungsvermögen an den jeweiligen Landesfiskus.

Zulegung und Zusammenlegung von Stiftungen

Zulegung und Zusammenlegung sind besondere stiftungsrechtliche Verfahren, die der Vermögensübertragung zwischen rechtsfähigen Stiftungen dienen. Bei der Zulegung überträgt die übertragende Stiftung ihr Stiftungsvermögen als Ganzes auf eine übernehmende Stiftung. Die Zusammenlegung von mindestens zwei übertragenden Stiftungen erfolgt durch Übertragung des jeweiligen Stiftungsvermögens auf eine neu errichtete, übernehmende Stiftung. Zulegung und Zusammenlegung erfolgen in der Regel durch Vertrag, der der Genehmigung durch die zuständige Landesbehörde bedarf. Mit der Unanfechtbarkeit der Genehmigung erlöschen die übertragenden Stiftungen, deren Vermögen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die übernehmende Stiftung – die bei der Zusammenlegung in diesem Zeitpunkt entsteht – übergehen. Unter bestimmten Voraussetzungen hat die übernehmende Stiftung Gläubigern der übertragenden Stiftungen Sicherheit zu leisten.

Stiftungsregister

Das Stiftungsregister soll zentral beim Bundesamt für Justiz geführt werden, also nicht – wie Handels- oder Vereinsregister – bei den jeweiligen Registergerichten. Eingetragen werden müssen sowohl neu entstehende Stiftungen als auch bereits bestehende, wobei für diese eine Jahresfrist vorgesehen ist, binnen derer die Anmeldung zur Eintragung im Stiftungsregister erfolgen muss.

Einzutragen sind unter anderem Name und Sitz der Stiftung, Datum der Anerkennung, Name, Geburtsdatum und Wohnort der Mitglieder des Vorstands und deren Vertretungsmacht, nach Eintragung der Stiftung erfolgte Satzungsänderungen, das Erlöschen der Stiftung durch Zulegung und Zusammenlegung, Auflösung und Aufhebung sowie Maßnahmen im Rahmen einer Insolvenz. Einsicht in das Register ist jedermann gestattet. Gleiches gilt für die Einsicht in die zum Stiftungsregister eingereichten Dokumente. Der Zugang zu den Dokumenten kann jedoch aufgrund eines berechtigten Interesses der Stiftung oder Dritter beschränkt oder ausgeschlossen werden. Das Stiftungsregister genießt negative Publizitätswirkung: Eine einzutragende Tatsache – wie etwa die Vertretungsmacht des Vorstands – kann die Stiftung einem Dritten im Geschäftsverkehr nur entgegensetzen, wenn die Tatsache im Stiftungsregister eingetragen oder dem Dritten bekannt ist. Gleichermaßen muss ein Dritter eingetragene Tatsachen gegen sich gelten lassen, außer er kann darlegen und beweisen, dass er die Tatsache weder kannte noch kennen musste. Auf eine unrichtig bekanntgemachte einzutragende Tatsache können sich Dritte – anders als beim Handelsregister – aber nicht berufen.

Inkrafttreten

Die Reform des Stiftungsrechts soll in seinen wesentlichen Teilen zum 01.07.2022 in Kraft treten. Damit soll insbesondere den Stiftungen ausreichend Zeit gegeben werden, um ihre Stiftungssatzungen anzupassen und den Ländern, um ihre Stiftungsgesetze zu ändern. Die Vorschriften zum Stiftungsregister sollen erst zum 01.01.2026 in Kraft treten, um insbesondere die technischen Voraussetzungen für den Aufbau und den Betrieb des Stiftungsregisters schaffen zu können.