Designschutz nur für sichtbare Bauelemente – wenn das Design nicht sattelfest ist

Ein eingetragenes Design (bzw. Geschmacksmuster) ist ein scharfes Schwert im Kampf gegen unliebsame Nachahmungen der Erscheinungsform eigener Erzeugnisse. Als Design kann nicht nur ein Erzeugnis selbst geschützt werden, sondern auch Teile hiervon oder einzelne Bauelemente. Eine besondere ästhetische Wirkung des Designs ist dabei nicht erforderlich; es muss neu und eigenartig sein.

Der Designschutz von Bauelementen unterliegt dabei noch einer gesonderten Schutzschranke. Das Bauelement ist nur dann in Alleinstellung schutzfähig, wenn es – in ein komplexes Erzeugnis eingefügt – bei bestimmungsgemäßer Verwendung sichtbar bleibt und diese sichtbaren Merkmale des Bauelements selbst neu und eigenartig sind. Dies hat das Bundespatentgericht (BPatG) in einer jüngst veröffentlichten Entscheidung bekräftigt und das nachfolgend wiedergegebene Design der Unterseite eines Fahrradsattels gelöscht (vgl. BPatG, B. v. 27.02.2020, 30 W (pat) 809/18):

(DE 40 2011 004 383-0001)

Das BPatG stellte zunächst lehrbuchartig detailliert fest, dass der Fahrradsattel ein notwendiges Bauelement des komplexen Erzeugnisses „Fahrrad“ sei, weil ein Fahrrad ohne Sattel nicht bestimmungsgemäß, nämlich als Fortbewegungsmittel genutzt werden könne.

Streitig war insbesondere die Frage, ob die Unterseite eines Fahrradsattels bei bestimmungsgemäßer Verwendung des Fahrrades sichtbar ist. Erstinstanzlich hatte die Designabteilung des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) eine Sichtbarkeit noch bejaht und damit begründet, dass jedenfalls bei Abnahme des Sattels zum Zwecke des Austausches oder zum Diebstahlschutz die Unterseite sichtbar sei. Das BPatG hat diese Begründung verworfen und klargestellt, dass die erforderliche Sichtbarkeit nicht damit begründet werden könne, dass ein Bauelement sei nach Trennung von dem Erzeugnis (also hier von dem Fahrrad) einsehbar sei. Auch könne nicht auf den Kaufzeitpunkt abgestellt werden, in dem ein als Einzelteil gekaufter Fahrradsattel selbstverständlich auch von unten einsehbar sei.

Maßgeblich sei vielmehr darauf abzustellen, ob das Design im eingebauten Zustand des Bauelements bei bestimmungsgemäßer Verwendung sichtbar sei. Zu dieser bestimmungsgemäßen Verwendung gehöre neben dem Fahrvorgang zwar auch (noch) das Auf- und Absteigen vom Fahrrad. Weder beim Fahren, noch beim Auf- und Absteigen vom Fahrrad werde aber die Unterseite eines Fahrradsattels betrachtet. Das zeitlich nachfolgende Abnehmen des Sattels zum Zwecke des Diebstahlschutzes sei für die Frage der Sichtbarkeit eben nicht mehr relevant. Der Designinhaber hatte noch argumentiert, ein Fahrrad müsse doch beim Abstellen in einen Fahrradständer oder zur Lagerung in einer Wohnung angehoben werden. Auch zur Überwindung von Hindernissen sei es nicht unüblich, ein Fahrrad so zu tragen, dass die Unterseite des Sattels sichtbar sei. Auch hierauf wollte das Bundespatentgericht aber nicht abstellen, zumal eine solche, möglicherweise „übliche Verwendung“ eben keine „bestimmungsgemäße Verwendung“ sei, sondern allenfalls einer solchen vor- oder nachgelagert sei. Insgesamt sei das Design bei bestimmungsgemäßer Verwendung nicht sichtbar und daher zu löschen.

Die Entscheidung zeigt zweierlei: Zunächst bestätigt sie, dass bei der Anmeldung eines Designs die Abbildung des Designs wohl überlegt sein will. In dem dargelegten Fall wäre das Design wohl nicht gelöscht worden, wenn der Fahrradsattel auch von oben mit eigenartigen Elementen abgebildet worden wäre. Das Design der Sattelunterseite hätte man isoliert auch durch Anmeldung der neuartigen Struktur (ohne Abbildung des Sattels) schützen lassen können.

Insbesondere aber verdeutlicht die Entscheidung, dass selbst bei solch vermeintlich klaren Fällen (wer würde schon sagen, dass die Unterseite eines Fahrradsattels tatsächlich sichtbar ist?) ein gehöriger Aufwand (hier über zwei Instanzen) betrieben werden muss, um die Löschung eines einmal eingetragenen Designs herbeizuführen. Dies ist ein nicht zu unterschätzender Vorteil einer Designeintragung. Ein Design wird ungeprüft eingetragen und die Schutzfähigkeit des Designs vermutet. Ein potenzieller Nachahmer, der die Löschung des Designs begehrt, wird tunlichst abwägen, ob er das mit einem Löschungsverfahren verbundene wirtschaftliche Risiko eingeht.

Die Vorteile einer Designeintragung im Überblick:

  • Das eingetragene Design bedarf keines besonderen ästhetischen Gehalts. Auch schlichte Gestaltungen sind eintragungsfähig;
  • Ein Design wird „ungeprüft“ eingetragen, d.h. die Schutzvoraussetzungen der Neuheit und Eigenart werden im Eintragungsverfahren nicht geprüft;
  • Neuheit und Eigenart des Designs werden im Verletzungsprozess vermutet und sind durch den Gegner zu widerlegen, was (gerade bei älteren Designs) häufig schwierig und kostenintensiv ist. Dieser Aufwand wird von schuldbewussten Nachahmern nicht selten (und aus gutem Grund) gescheut;
  • Es sind auch einzelne Teile eines Erzeugnisses schutzfähig, sodass auch die Nachahmung von Teilen eines Erzeugnisses unterbunden werden kann;
  • Es besteht kein Benutzungszwang. Der Designschutz eines Erzeugnisses kann daher durch die Eintragung ähnlicher Muster weit abgesteckt werden. Durch die Möglichkeit der Sammelanmeldung ist dies auch recht kostengünstig möglich.
  • Ein Designschutz wirkt branchenübergreifend, ist daher nicht auf bestimmte Waren begrenzt.

Sollten Sie Fragen zum Designschutz haben, sprechen Sie uns gerne an.