Neue und verschärfte Regeln zur Grunderwerbsteuer bei Anteilsübertragungen

Das Grunderwerbsteuergesetz sollte schon mehrmals verschärft werden. Jetzt ist es soweit. Seit dem 01.07.2021 gelten verschärfte und neue Regeln für die Übertragung von Anteilen an grundbesitzenden Gesellschaften.

Die Verschärfungen bestehender Regelungen betreffen die Beteiligungsgrenzen und Haltefristen, die es für eine Grunderwerbsteuerbefreiung zu beachten gilt:

  • Die steuerrelevanten Beteiligungsgrenzen für den Übergang von Anteilen an Personengesellschaften oder die Vereinigung von Gesellschaftsanteilen in einer Hand werden von 95 % auf 90 % gesenkt.
  • Die Frist für den schädlichen Übergang von Anteilen an Personengesellschaften wird von 5 auf 10 Jahre verlängert.
  • Ebenso wird die Haltefrist für die Steuerbefreiung bei der Grundstücksübertragung vom Gesellschafter auf eine Personengesellschaft von 5 auf 10 Jahre verlängert.
  • Ebenfalls von 5 auf 10 Jahre, für bestimmte Fälle sogar auf 15 Jahre, wird die Haltefrist für die Steuerbefreiung bei Übertragung eines Grundstückes von einer Personengesellschaft auf den Gesellschafter angehoben.
  • Für alle Haltefristen gilt: Waren die bisherigen 5-jährigen Fristen am 30.06.2021 noch nicht abgelaufen, verlängern sich diese auf 10 Jahre.

Die grunderwerbsteuerliche Konzernklausel wurde nicht angepasst. Hier bleibt es für die Steuerbefreiung bei der bekannten Mindestbeteiligung von mindestens 95 % und der bekannten Mindesthaltedauer von 5 Jahren.

Neben der Verschärfung der Beteiligungsgrenzen und Verlängerung der Haltefristen gelten seit dem 01.07.2021 einige neue Regeln für die Übertragung von Anteilen an grundbesitzenden Gesellschaften:

  • Neu ist der Tatbestand für die Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften, wonach Grunderwerbsteuer auf Ebene der Kapitalgesellschaft ausgelöst wird, wenn mindestens 90 % der Anteile innerhalb von 10 Jahren auf neue Gesellschafter übergehen (entsprechend der bereits für Personengesellschaften geltenden Regelung).
  • Die vorstehende Regelung soll nicht gelten, wenn Anteile der Gesellschaft in einem organisierten Markt zum Handel zugelassen sind, wobei diese Ausnahme nicht für privatrechtlich organisierte Märkte oder solche gilt, die von der EU nicht als gleichwertig anerkannt sind (beispielsweise Schweiz oder Großbritannien).
  • Bei Grundstücksverkäufen im ertragsteuerlichen Rückwirkungszeitraum findet zukünftig die erbschaftsteuerliche Ersatzbemessungsgrundlage Anwendung, so dass die bislang beliebten Verkäufe zu 10 % des Verkehrswertes nicht mehr möglich sind.

Als Fazit aus der Grunderwerbsteuerreform lässt sich für Anteilsübertragungen festhalten:

  • Erwerbe von Anteilen an Personengesellschaften lösen nur dann keine Grunderwerbsteuer aus, wenn die Anteilsübertragungen über mehr als 15 Jahre gestreckt werden.
  • Erwerbe von Anteilen an Kapitalgesellschaften auf zwei nicht verbundene Erwerber lösen nur dann keine Grunderwerbsteuer aus, wenn die Anteilsübertragungen über mehr als 10 Jahre gestreckt werden.
  • Die Auflösung von bestehenden RETT-Blocker-Strukturen bei Kapitalgesellschaften wird seit dem 01.07.2021 regelmäßig Grunderwerbsteuer auslösen.
  • Mit Ausnahme der Konzernklausel tritt an die Stelle der bisherigen 95 % / 5-Jahre-Regelung zukünftig die 90 % / 10/15-Jahre-Regelung.
  • Steuerklauseln gewinnen an Bedeutung, um die bei der Gesellschaft entstehende Grunderwerbsteuer sachgerecht auf die „Verursacher“ abwälzen zu können.

Die Grunderwerbsteuerreform hat viele Gestaltungen bei der Übertragung von Anteilen an grundbesitzenden Gesellschaften erschwert oder verhindert. Gleichwohl gibt es durchaus interessante neue Gestaltungsüberlegungen im Umgang mit den verschärften grunderwerbsteuerlichen Regelungen. Deshalb sollte die Übertragung von Anteilen an grundbesitzenden Gesellschaften gut geplant sein.

Wir haben für unsere Mandanten am 31.05.2021 in Vorbereitung auf die Grunderwerbsteuerreform eine SPIEKER’S CORNER @ digital veranstaltet. Die Unterlage „Die Grunderwerbsteuerreform kommt zum 01. Juli 2021 – Sind Sie vorbereitet?“ mit zahlreichen Fallbeispielen können Sie gerne bei uns anfordern. Bitte schreiben Sie hierzu eine kurze Mail an julia.gawell@spieker-jaeger.de oder rufen Frau Julia Gawell unter der Rufnummer 0231-958 58 442 an.

  • Frank Nordhoff

    • Rechtsanwalt
    • Fachanwalt für Steuerrecht
    • Wirtschaftsprüfer
    • Steuerberater