Miete und Zwangsvollstreckung in der Pandemie

Die Corona-Pandemie und die mit ihr einhergehenden Auswirkungen haben mittlerweile die Rechtsprechung in den Instanzen erreicht. Viele Vermieter sehen sich einigermaßen vielen „Schutzargumenten“ gegenüber, welche nur indirekt in den Corona-Anordnungen begründet sind, mit denen sich aber die Gerichte im Hinblick auf die Durchsetzung berechtigter Ansprüche zu befassen haben.

Im Folgenden eine kleine Übersicht:

Bei säumigen Mietern und einem bereits vorliegenden Vollstreckungstitel ist häufig die Situation der fehlenden Masse auf Seiten des Mieters eingetreten. Gleichwohl sind einige Mieter in der glücklichen Lage gewesen, die sogenannte Corona-Soforthilfe zu empfangen. Das Landgericht Köln (23.04.2020 – 39 T 57/20) und das AG Bergisch-Gladbach (08.04.2020 – 39 M 1232/17) haben zwischenzeitlich entschieden, dass die Zweckgebundenheit der Soforthilfe zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz des Begünstigten und der Überbrückung von dessen aktuellen Liquiditätsengpässen zu einer Unpfändbarkeit gemäß § 851 Abs. 1 ZPO führe. Damit aber nicht genug: Auch der bereits eingegangene Geldbetrag auf dem Konto des Schuldners sei unpfändbar und nicht nur der Anspruch auf Auszahlung. Auch die Soforthilfe hilft dem Vermieter mithin nicht wirklich weiter.

Es ist durchaus davon auszugehen, dass andere Gerichte dieser Auffassung folgen, sodass vergebliche Vollstreckungsversuche eingespart werden können.

Für Wohnraummieter positiv entschied wieder einmal das Landgericht Berlin (65 S 205/19), dass wegen einer vor Ablauf der Räumungsfrist bei bestehendem Vollstreckungstitel eingetretenen Gefahrenlage durch die Pandemie eine Verlängerung der Räumungsfrist durch das Gericht ohne Weiteres in Betracht komme.

Dem Gegenüber entschied das Landgericht Frankfurt (30.04.2020 – 11 T 43/20), dass die erforderliche und für einen Mieter nicht hinnehmbare Härte nicht aus den Auswirkungen der pandemiebedingten Einschränkungen auf dem Wohnungsmarkt folge. Einem Mieter, welcher sich hierauf berief, wurde der Räumungsschutz gemäß § 765 a ZPO versagt.

Es bleibt mithin dem Einzelfall und der Instanzgerichte überlassen, hier entsprechend zu entscheiden. Bislang war die Argumentation so, dass auch bei ansonsten drohender Obdachlosigkeit, ein Hinwenden des Mieters an die Verwaltungsbehörden möglich sei. Immerhin sind das öffentliche Leben und der Wohnungsmarkt nicht gänzlich zum Erliegen gekommen.

In ähnliche Richtung geht auch ein Beschluss des Amtsgerichts Bad Iburg als zuständigem Vollstreckungsgericht, worin entschieden wurde, dass ein Termin zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht „aufgrund Corona“ aufzuheben sei. Das Amtsgericht stellt hier klar, dass die Gerichte im Allgemeinen bei durchgeführten Verhandlungen die geltenden Hygieneregeln strikt einhalten und der Verweis auf die Covid-19-Pandemie kein Selbstzweck sei.

Ebenfalls wurde zwischenzeitlich entschieden (Landgericht Verden, 08.05.2020 – 6 T 33/20), dass auch eine einstweilige Einstellung der Zwangsräumung nicht in Betracht kommt unter dem Hinweis auf pandemiebedingte Kontaktverbote.

Die Räumung und die kontaktlose Übergabe liegen im Interesse aller Beteiligten. Die Zwangsräumung hat keinesfalls zwingend den unmittelbaren Kontakt mit dem Gläubiger zur Folge. Dieser muss nicht einmal persönlich anwesend sein.

Die vorgetragenen Entscheidungen zeigen, dass viele Einzelfragen bis zur höchst richterlichen Klärung zwar noch offen sind. Sie zeigen allerdings auch, dass interessengerechte und im Einzelfall rechnungstragende Entscheidungen durch die Instanzgerichte auch weiterhin zu erwarten sind.

Erfreulich ist, dass der allgemeine Verweis auf „Corona“ die Rechtspflege und die Rechtsdurchsetzung nicht zum Erliegen bringt.

  • Rainer Beckschewe

    • Rechtsanwalt
    • Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
    • Fachanwalt für Familienrecht
    • Mediator
    • Schiedsrichter nach der SO Bau