Wenn Wirtschaftsunternehmen den Gerichtsweg beschreiten, löst dies aufgrund der Eigenheiten des deutschen Justizsystems oftmals Bedenken aus. Dazu gehört zum einen die Gefahr, dass Geschäftsgeheimnisse aufgrund des Grundsatzes der Öffentlichkeit einer Gerichtsverhandlung an die Öffentlichkeit gelangen, und zum anderen, dass möglicherweise die eingesetzten Richter, auf deren Auswahl der Kläger grundsätzlich keinen Einfluss hat, nicht über die erforderliche Erfahrung, Spezialisierung und Kenntnisse für die Beurteilung von Wirtschaftsunternehmen verfügen. Vor diesem Hintergrund wird dann oftmals der Weg der Schiedsgerichtsbarkeit eingeschlagen, um der sogenannten ordentlichen Gerichtsbarkeit auszuweichen.
Das hat offenbar auch der Gesetzgeber erkannt. Zum 01.04.2025 tritt nämlich das sogenannte Justizstandortstärkungsgesetz in Kraft und die Bundesländer können dann spezialisierte Gerichte für wichtige Wirtschaftsstreitigkeiten einrichten für die Sonderregeln gelten, um den Besonderheiten von wirtschaftlichen Streitigkeiten Rechnung zu tragen. Dadurch können Wirtschaftsunternehmen nunmehr auf eine kostengünstige, spezialisierte und damit wohl auch effizientere Klärung von Streitigkeiten zurückgreifen.
Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass die Oberlandesgerichte als Eingangsinstanz dann auch von der Möglichkeit Gebrauch machen und die neuen sogenannten Commercial Courts tatsächlich einrichten. Auch wenn das Gesetz noch nicht in Kraft getreten ist, haben erfreulicherweise bereits fünf Bundesländer angekündigt, die neuen möglichen Commercial Courts einzurichten. Die wesentlichen Wirtschaftsstandorte in Deutschland werden wohl – zumindest mittelfristig – entsprechende Commercial Courts einrichten. Dazu gehört auch Nordrhein-Westfalen.
Zukünftig können danach also wesentliche Wirtschaftsstreitigkeiten vor Spezialgerichten und damit wohl schneller, effektiver und mit spezialisierten Richtern abgearbeitet werden, soweit es das Zivilrecht betrifft. Dies betrifft nicht nur Unternehmenskäufe und alle damit im Zusammenhang stehenden Fragestellungen, sondern die Zuständigkeit soll insgesamt den gesamten Bereich des Unternehmens mit wenigen Ausnahmen erfassen. Ob und inwieweit dies weiter ausgebaut wird, bleibt allerdings abzuwarten. Das Justizstandortstärkungsgesetz ermöglicht es beispielsweise, das gesamte Gerichtsverfahren in englischer Sprache zu führen. Dies betrifft sowohl den schriftlichen Teil als auch die mündliche Verhandlung. Die Spezialgerichte sollen dann ab einem Streitwert von EUR 500.000 im Wirtschaftsbereich zuständig sein.
Wenn sich die Parteien nicht auf die Zuständigkeit des spezialisierten Commercial Courts einigen, bleibt es jedoch grundsätzlich bei der Zuständigkeit der „normalen“ Gerichtsbarkeit. Die Möglichkeit der „rügelosen Einlassung“ soll allerdings auch in diesem Bereich gelten. Wenn also eine Partei einen entsprechenden Antrag zur Verweisung an den spezialisierten Commercial Courts stellt und die Gegenseite dem nicht widerspricht, kann dies bereits als eine Vereinbarung der Zuständigkeit des Spezialgerichts angesehen werden. Gegen die Entscheidungen der Commercial Courts steht dem Unterlegenen dann lediglich noch das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof offen, die dann allerdings auch keiner Zulassung mehr bedarf. Auch dadurch wird deutlich, dass der Gesetzgeber hier eine möglichst schnelle und endgültige Klärung von offenen Streitfragen im unternehmerischen Bereich anstrebt.
Zum Zweck eines verstärkten Schutzes von Geschäftsgeheimnissen kann jede Partei beantragen, dass Informationen des Verfahrens durch das Gericht ganz oder teilweise als geheimhaltungsbedürftig eingestuft werden. Dann müssen alle Beteiligten diese vertraulich behandeln und dürfen die Informationen vor allem nicht außerhalb des Verfahrens weitergeben oder auch für andere Zwecke verwenden. Wenn eine Partei dagegen verstößt, kann dies mit einem Ordnungsgeld bis zu EUR 100.000 oder sogar mit einer Ordnungshaft für die Verantwortlichen geahndet werden.
Die Einrichtung von Commercial Courts war überfällig und kann einen Beitrag zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland leisten, weil dadurch eine schnellere und den besonderen Interessen von Unternehmen Rechnung tragende Streitklärung nun auch in Deutschland möglich ist – und zwar ohne das möglicherweise teurere Schiedsverfahren, das zudem grundsätzlich keine II. Instanz vorsieht – wählen zu müssen. Es ist davon auszugehen, dass die Wirtschaft hiervon schnell umfassend Gebrauch machen wird.