Risikobehaftete Anhänglichkeit

Wer als sog. „Seller“ Produkte auf dem Amazon Marketplace vertreibt, kann auch dann für eine rechtsverletzende Produktdarstellung in Anspruch genommen werden, wenn er sich lediglich an eine rechtsverletzende Seite anhängt. Dies gilt für Verletzungen des Markenrechts, des Wettbewerbsrechts und nun auch – so entschied das Landgericht (LG) Köln kürzlich – für Urheberrechtsverletzungen wie etwa die Verwendung eines rechtsverletzenden Produktbildes.

Die Internethandelsplattform Amazon ist so organisiert, dass es für jedes Produkt nur eine Produktseite geben soll. Insoweit wird für jedes Produkt eine eigene, Amazon-interne Identifizierungsnummer vergeben, die sog. ASIN-Nummer. Besteht für ein bestimmtes Produkt bereits eine Produktseite, sind nachfolgende Online-Händler verpflichtet, identische Produkte auf dieser Produktseite anzubieten. Online-Händler müssen sich also an bereits vorhandene Produktseiten und die dortige Produktbeschreibung „anhängen“. Dies führt dazu, dass Online-Händler u.U. keinen Einfluss darauf haben, welche Angaben auf der Produktdetailseite angezeigt werden.  

Das LG Köln hat entschieden, dass ein Online-Händler auch dann für die rechtswidrige Wiedergabe eines urheberrechtlich geschützten Lichtbildes auf der jeweiligen Produktseite haftet, wenn er selbst das Bild nicht hochgeladen hat (Urt. v. 22.08.2022, 14 O 327/21). Die „Täterschaft“ ergibt sich nach Auffassung der Kammer aus dem Umstand, dass ein Online-Händler auf Amazon in seinem Namen ein bebildertes Verkaufsangebot veröffentlichen lasse, obwohl er dessen inhaltliche Gestaltung nicht vollständig beherrsche. Die Kammer schließt sich damit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) in „verwandten“ Rechtsgebieten an. Der BGH hatte bereits im Jahre 2016 entschieden, dass auch bei wettbewerbswidrigen und markenrechtsverletzenden Angaben auf einer Produktseite der sich anhängende Online-Händler einer Täterhaftung unterliege, auch wenn er die rechtswidrigen Angaben nicht selbst eingestellt hat (Urt. v. 03.03.2016, I ZR 110/15 und I ZR 140/14).

Der Vertrieb über Amazon birgt somit gewisse Haftungsrisiken. Dem Online-Händler bleibt letztlich nur die Möglichkeit, vor Einstellung eines Produktangebotes die jeweilige Produktseite zu sichten und etwaige Missstände an Amazon zu melden, bzw. ggf. die Angaben auf der Produktseite auch nachfolgend zu kontrollieren. Insoweit stellt sich natürlich die Frage, inwieweit der Aufwand zum Zwecke einer Risikominimierung noch gerechtfertigt ist. Bei der Prüfung von Produktseiten sind wir natürlich gerne behilflich.