Der Natur mit Demut begegnen

Als passionierter Segler bestreitet Guido Schwartz verschiedene Regatten und ist immer wieder fasziniert von der Gewalt der Naturelemente

Mensch, Natur, Abenteuer, Gefühl und Technik: Kaum eine andere Sportart verbindet diese fünf Bereiche so reizvoll miteinander wie das Segeln. „Der Segelsport lehrt uns die oft nur noch gering vorhandene Ehrfurcht vor der Natur. In kaum einem anderen Sport wird die Gewalt der Elemente so offenbar wie beim Segeln“, erklärt Guido Schwartz. „Insbesondere in Starkwindphasen ist es faszinierend wie die Kräfte auf das Boot einwirken. Sie lehren höchste Konzentration, Aufmerksamkeit und Ergebenheit. Hierbei spielt nicht nur der Wind eine Rolle, sondern auch das Wasser und die Wellen. Sie können eine brachiale Gewalt entwickeln und ein schweres, großes Schiff hin und her tanzen lassen, als ob es ein Spielzeug wäre.“ Der Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht spricht hier aus Erfahrung. Auf einer Langfahrtregatta drehte völlig überraschend der Wind und nahm jetzt auf gleich um mehrere Stärken zu. In einer Meerenge segelnd geriet die Crew gehörig unter Druck mit Gefahr für Mensch und Schiff. „Die Gewalten, die dabei entstehen, sind überwältigend.“

Schon als kleines Kind liebte Guido Schwartz das Wasser, fing schon früh mit Leistungsschwimmen an. Seine größte Passion entdeckte er jedoch mit zehn Jahren während eines Sommerurlaubs am Starnberger See. „Ich erinnere mich an einen wunderschönen, wenn auch regnerischen Tag unter Starkwindbedingungen. Ich durfte auf einem ‚Drachen’ – eine Drei-Mann-Kielboot-Klasse – mitsegeln. Es war ein ganz besonderes Erlebnis, wie diese doch schon recht alte Bootskonstruktion bei solchen Verhältnissen stabil auf der Kante segelte.“ Dieses einmalige Gefühl ließ ihn nicht mehr los. Von da an waren seine Sommerferien eigentlich verplant. Er besuchte regelmäßig Segelkurse, vornehmlich in Glücksburg an der Flensburger Förde: „ein fantastisches Segelgebiet“, zeigt sich Schwartz noch heute begeistert.

Schachspiel mit Wind, Wasser und Wolken

Mittlerweile hat sich der Radius allerdings erweitert. Segeltörns und Regatten auf der Ostsee, dem Mittelmeer, der Ägäis oder der Dänischen Südsee kamen hinzu. „Ein Ereignis, das mich wohl am meisten geprägt hat, war die Nachtregatta „Grandborddenuy“ auf dem Genfer See mit vierfacher Seeüberquerung. Es war für mich ein ganz neues Gefühl, nachts bei Wind, Wetter und Regen ohne Beleuchtung im Trapez zu segeln.“ Um das Umkippen des Schiffs zu vermeiden, stehen dabei ein oder mehrere Segler nur mit einem Draht gesichert auf der Bordwand und hängen nahezu waagerecht über dem Wasser, um dem Winddruck entgegenzuwirken.

Jeder Wettbewerb birgt besondere Herausforderungen – denn der Sport an sich ist ein Schachspiel mit Wind, Wasser und Wolken. So spielen bei allen, meist mehrtägigen Regatten mit mehreren Wettfahrten, an denen Guido Schwartz als Crewmitglied teilnimmt, immer Strategie, Taktik und Cleverness sowie Kondition eine entscheidende Rolle: beim Swan Cup in Porto Cervo/Sardinien, bei der Copa del Rey in Palma de Mallorca, der Eröffnungswettfahrt der Kieler Woche oder der Baltic Sea Challenge im Rahmen der Flensburger Herbstwoche auf der Flensburger Förde.

Zweiter Platz bei Baltic Sea Challenge

Bei letzterer hatte sein Segelteam im Jahr 2017 auf jeden Fall die richtige Taktik. Es belegte den zweiten Gesamtplatz. Mit dem sechsten Platz beim Swan Cup nach insgesamt fünf Wettfahrten in diesem Jahr bewiesen sie, dass das kein Zufall war. „Ich bin dankbar für die Möglichkeit, an Dickschiffregatten sowohl in der Ostsee, als auch im Mittelmeer als Mitglied der Crew auf dem Schiff eines Freundes teilnehmen zu können. Insbesondere das Regattieren in der Swan Class 45, einer One-Design-Klasse, gestaltet sich hochanspruchsvoll. Zudem erlaubte es diese Disziplin, an Weltmeisterschaften dieser Bootsklasse teilzunehmen.“

Die Crewstärke auf den genannten Dickschiffen beträgt meistens zehn bis zwölf Personen, wobei die Positionen der einzelnen Crewmitglieder auch von Regatta zu Regatta wechseln können. „Manchmal bin ich für den Jib-Trim (Vorsegel), ein anderes Mal für das Spinnackersegel oder für den Main-Trim (Großsegel) verantwortlich. Teilweise habe ich Vordeckstätigkeiten ausgeübt.“

Das Funktionieren einer Mannschaft sei stets ein äußerst interessantes Momentum, insbesondere im Regattasport. Vor allem bei größeren Crews erfordere das Segeln ein besonderes menschliches Geschick der Integration unterschiedlichster Charaktere zur Formung einer funktionierenden Mannschaft. „Das Arbeiten Hand in Hand, das sich Aufeinander-Verlassen und die Bereitschaft, sich für den gemeinsamen Erfolg zu verausgaben, bedeuten für jeden Einzelnen Anforderungen, die zu bewältigen sind.“

Traum Atlantiküberquerung

Deshalb sind Guido Schwartz’ Sinne, sobald er ein Boot betritt, auch sofort auf andere Begebenheiten geschärft: „Das Segeln erfordert die volle Aufmerksamkeit in ganz anderer Richtung, auch in völlig anderer Intensität. Man muss den Alltag, den beruflichen wie den privaten, automatisch in den Hintergrund schieben. Das führt zu einer sehr früh einsetzenden geistigen Erholung.“ Ganz besondere Entspannung findet er beim Cruising-Segeln, das durch seine „langsamere“ Art zu einer maximalen Entschleunigung führt und damit zur Möglichkeit, unvergessliche Eindrücke in sich aufzunehmen und diese zu genießen. „Sei es das Ankern in einer Bucht bei Sonnenuntergang, das Segeln bei Nacht oder auch nur im offenen Meer mit springenden Delphinen am Bug.“

Zukünftig hat der passionierte Wassersportler noch zwei besondere Träume: Zum einen möchte er einmal am Giraglia Cup teilnehmen. Das ist eine Regatta, die über mehrere Tage von der Küste Südfrankreichs um eine Insel vor der Nordspitze von Korsika herum nach Genua führt. „Ein noch größerer Traum wäre für mich allerdings eine Atlantiküberquerung im Rahmen der Atlantic Rally for Cruisers (ARC) – auf Gran Canaria startend mit dem Ziel St. Lucia in der Karibik. Die Erfahrung, drei Wochen auf dem offenen Atlantik sich selbst überlassen zu sein, würde mich enorm reizen.“

Die schönsten Segelmomente der letzten Jahre ermöglichte ihm ein Freund: „Er ist Eigner einer regattatauglichen Segelyacht und gibt mir die Chance, als Crewmitglied an verschiedenen Regatten im Mittelmeer und in der Ostsee teilzunehmen. Hierfür bin ich ihm sehr dankbar.“