Inflationsausgleichsprämie auch für Arbeitnehmer in der Passivphase der Altersteilzeit

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat entschieden, dass Arbeitnehmer in der Passivphase der Altersteilzeit nicht vom Bezug einer tarifvertraglich geregelten Inflationsausgleichsprämie ausgeschlossen werden dürfen. Dies verstößt gegen das Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) (Urt. v. 12.11.2024, 9 AZR 71/24 – noch nicht veröffentlicht, hier: Pressemitteilung des BAG).

Hintergrund des Falls

Der Kläger, ein Arbeitnehmer der Energiewirtschaft, befand sich seit dem 01.05.2022 in der Passivphase der Altersteilzeit. In einem zwischen dem Arbeitgeberverband der Energie- und Wasserwirtschaft sowie den Gewerkschaften ver.di und IG BCE geschlossenen Tarifvertrag wurde für die Tarifrunde 2023 eine Inflationsausgleichsprämie in Höhe von EUR 3.000,00 vereinbart. Arbeitnehmer, die sich am 31.05.2023 in der Passivphase der Altersteilzeit oder im Vorruhestand befanden, waren jedoch gemäß Tarifvertrag von dieser Sonderzahlung ausgeschlossen.

Der Kläger sah sich hierdurch ungerecht behandelt und klagte auf die Auszahlung der Prämie. Die Vorinstanzen wiesen seine Klage ab. Doch das BAG entschied nun zugunsten des Klägers.

Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts

Das BAG stellte fest, dass der Ausschluss von Arbeitnehmern in der Passivphase der Altersteilzeit eineunzulässige Benachteiligung gemäß § 4 Abs. 1 TzBfG darstellt. Danach dürfen Teilzeitbeschäftigte nicht schlechter behandelt werden als vergleichbare Vollzeitbeschäftigte, sofern keine sachlichen Gründe dies rechtfertigen. Ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung war nach Ansicht des Gerichts nicht ersichtlich:

Die Inflationsausgleichsprämie dient ausschließlich der Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise und steht nicht im Zusammenhang mit einer erbrachten Arbeitsleistung.

Eine Differenzierung nach Beschäftigungsstatus oder zukünftiger Betriebstreue war im Tarifvertrag nicht vorgesehen.

Auch Teilzeitbeschäftigte, die sich in der Passivphase der Altersteilzeit befinden, haben dieselben finanziellen Belastungen durch Inflation wie Vollzeitbeschäftigte.

Auswirkungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Mit diesem Urteil, das auch ohne eine tarifrechtliche Regelung Bedeutung hat, stärkt das BAG die Rechte von Arbeitnehmern in Altersteilzeit und verdeutlicht, dass Arbeitgeber keine ungerechtfertigten Ungleichbehandlungen vornehmen dürfen. Arbeitgeber, die entsprechende Regelungen in Tarifverträgen vereinbart haben, müssen diese nun anpassen und gegebenenfalls an betroffene Arbeitnehmer nachträglich auszahlen. Das gilt auch für nicht tarifgebundene Arbeitgeber, die an die in der Passivphase der Alterszeit stehenden Beschäftigten keine Inflationsausgleichsprämie gezahlt haben.

Fazit

Die Entscheidung des BAG zeigt, dass Tarifverträge genau auf ihre Vereinbarkeit mit dem TzBfG geprüft werden müssen. Arbeitgeber sollten darauf achten, dass Ausschlüsse in Tarifverträgen stets sachlich begründbar sind. Arbeitnehmer in der Passivphase der Altersteilzeit haben nun eine gestärkte Position bei der Geltendmachung von Ansprüchen auf tarifliche Sonderzahlungen.