Grünes Licht aus Brüssel für die Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen

In früheren Mandanteninformationen hatten wir bereits darüber berichtet, dass es durch den Gesetzgeber und die Rechtsprechung zu einer gänzlich unbefriedigenden Situation bezüglich der Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen gekommen war.

Worum geht es in der Sache?

Wenn sich ein Unternehmen in einer Krise befindet, gleichwohl aber alle Stakeholder (Gesellschafter, Lieferanten, Kunden und auch Banken) das Unternehmen sanieren wollen, dann kommt es häufig zu Forderungsverzichten von Lieferanten und/oder Banken. Die krisenbedrohte Gesellschaft kann dann aufgrund eines entsprechenden Verzichts die Verbindlichkeit gegenüber dem verzichtenden Gläubiger ausbuchen. Dies führt in der GuV zu einem Ertrag, der grundsätzlich steuerpflichtig ist.

Wenn das krisenbedrohte Unternehmen auf diesen Ertrag Steuern zahlen müsste, dann scheitert hieran häufig die Sanierung. Denn es fehlt die Liquidität für die Bezahlung der Steuer.

Daher hatte der Gesetzgeber ursprünglich eine Steuerfreiheit solcher Sanierungsgewinne vorgesehen (§ 3 Ziff. 66 EStG a.F.). Der Gesetzgeber hatte diese Vorschrift dann im Zuge einer Steuerreform ersatzlos gestrichen.

Die Finanzverwaltung sah dieses Ergebnis als nicht richtig an, weil – wie gesagt – die Versteuerung von Sanierungsgewinnen häufig dann doch eine Sanierung scheitern lässt und zur Zahlungsunfähigkeit des krisenbedrohten Unternehmens führt. Die Finanzverwaltung hatte dann unter dem 27.03.2003 einen Sanierungserlass in Kraft gesetzt, der im Wesentlichen zu dem gleichen Ergebnis führte, wie die vom Gesetzgeber gestrichene Vorschrift.

13 Jahre später hat der Bundesfinanzhof unter dem 28.11.2016 diesen Erlass als unwirksam angesehen, weil die Finanzverwaltung als Teil der Exekutive nicht zuständig gewesen sei, einen solchen Sanierungserlass in Kraft zu setzen. Vielmehr wäre dies in die Kompetenz der Legislative gefallen. Wegen Verstoßes gegen die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung folge hieraus die Unwirksamkeit des Sanierungserlasses.

Die Finanzverwaltung wollte sich dies nicht „gefallen lassen“ und hat dann unter dem 27.04.2017 einen Nichtanwendungserlass erlassen, mit dem die Finanzverwaltung zumindest einen Vertrauensschutz für Altfälle gewährte.

Schließlich hat sich dann der Gesetzgeber im Sommer 2017 veranlasst gesehen, die Steuerfreiheit für Sanierungsgewinne durch eine neue gesetzliche Regelung (§ 3 a EStG) wieder einzuführen. Allerdings hatte der Gesetzgeber Sorge, dass die gesetzliche Regelung nicht EU-konform sein könnte, weil derartige Regelungen häufig als eine unzulässige Beihilfe (Art. 107 AEUV) gewertet werden. Der Gesetzgeber hat daher das Inkrafttreten des Gesetzes unter die aufschiebende Bedingung gestellt, dass die EU-Kommission durch einen positiven Beschluss den fehlenden Verstoß gegen das Beihilferecht bestätigen würde.

Die EU-Kommission hat jetzt reagiert. Zwar hat die EU-Kommission keinen Beschluss erlassen, aber sie hat einen sogenannten Comfort-Letter abgesetzt, in dem bindend mitgeteilt wird, dass das Gesetz nicht als unzulässige Beihilfe anzusehen ist.

Nunmehr fehlt nur noch ein ganz kleiner Schritt, um die neue Regelung des § 3 a EStG in Kraft treten zu lassen: Der deutsche Gesetzgeber muss jetzt klarstellen, dass § 3 a EStG auch ohne einen förmlichen Beschluss der EU-Kommission in Kraft treten kann. Denn der Comfort-Letter hat für die EU-Kommission rechtlich bindende Wirkung und ist daher ausreichend. Der deutsche Gesetzgeber beabsichtigt, diese Änderung kurzfristig vorzunehmen.

Daher können krisenbedrohte Unternehmen jetzt aufatmen. Das Gesetz wird sogar rückwirkend zum 08.02.2017 in Kraft treten. Die Steuerfreiheit setzt voraus, dass das betreffende Unternehmen sanierungsbedürftig ist, dass das Unternehmen sanierungsfähig ist, dass der Sanierungsgewinn zur Sanierung geeignet ist und dass (auch) der Gläubiger in Sanierungsabsicht gehandelt hat.

Während die drei ersten Voraussetzungen regelmäßig vorliegen dürften, kann es Schwierigkeiten beim Nachweis der Sanierungsabsicht des Gläubigers geben. Denn ein Gläubiger (Bank oder Lieferant) wird in erster Linie mit einem Forderungsverzicht seine eigenen Interessen verfolgen (Sicherstellung der Rückführung auf nicht dem Verzicht unterliegende Forderungen, Fortsetzung der Geschäftsbeziehung usw.). Nach der früheren Rechtslage reicht es allerdings aus, wenn der Gläubiger zumindest auch, das heißt neben der Verfolgung seiner eigenen Interessen, in Sanierungsabsicht gehandelt hat.

Für die Praxis ist einem Unternehmen, welches sich auf die Steuerfreiheit eines Sanierungsgewinns berufen will, daher anzuraten, die Sanierungsabsicht des oder der verzichtenden Gläubiger zu dokumentieren und sich gegebenenfalls auch von den betreffenden Gläubigern bestätigen zu lassen.