Neue Regelungen für grenzüberschreitende Umwandlungen – Besteht Handlungsbedarf?

Mit der aus 2019 stammenden Umwandlungsrichtlinie sind die Europäischen Mitgliedstaaten verpflichtet worden, in den jeweiligen nationalen Gesetzen vereinheitlichte Regelungen für grenzüberschreitende Umwandlungsvorgänge umzusetzen. Die Bundesregierung hat nun Anfang Juli dieses Jahres den Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Umwandlungsrichtlinie vorgelegt. Denn die neuen Regelungen sollen bis zum 31.01.2023 in deutsches Recht umgesetzt werden. Daher soll wohl noch in diesem Jahr der Regierungsentwurf durch Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden.

Die nach dem Regierungsentwurf geplanten Regelungen enthalten einige Neuerungen. Bisher war im deutschen Umwandlungsrecht im grenzüberschreitenden Bereich lediglich die Verschmelzung geregelt. Durch die neuen Regelungen werden nun auch die grenzüberschreitende Spaltung und der grenzüberschreitende Formwechsel geregelt, sodass zukünftig diese drei Formen der Umwandlung auf der Grundlage nationalen Rechts rechtssicherer umgesetzt werden können.

Allerdings sollen danach auch neue mitbestimmungsrechtliche Regelungen umgesetzt werden, die eine stärkere Beteiligung der Arbeitnehmer bzw. Arbeitnehmervertretungen vorsieht. Zwar ist nun klargestellt worden, welche Betriebsräte zu beteiligen sind, was zu mehr Rechtssicherheit führt. Denn nunmehr ist klargestellt, dass entgegen der bislang herrschenden Meinung auch Konzernbetriebsräte ggf. zu beteiligen sind. Auf der anderen Seite bleibt abzuwarten, ob beispielsweise die ebenfalls ausgebauten Gläubigerschutzrechte und die damit verbundene Möglichkeit einer Registersperre von drei Monaten missbraucht wird, um unter dem Druck einer möglichen Verzögerung des Gesamtvorganges Vorteile zu schlagen.

Durch die neuen Regelungen werden aber auch neue Fragen aufgeworfen. Denn durch die neuen Regelungen darf ein grenzüberschreitendes Vorhaben grundsätzlich nicht dazu missbraucht werden, Mitbestimmungsrechte von Arbeitnehmern einzuschränken. Sofern dies der Fall ist, ist ein sog. Verhandlungsverfahren durchzuführen. Nicht hinreichend geklärt erscheint allerdings die Frage, wann von einem solchen Missbrauch ausgegangen werden kann. Denn nach dem Regierungsentwurf soll das bereits dann gegeben sein, wenn innerhalb von vier Jahren strukturelle Änderungen erfolgen, die bewirken, dass Mitbestimmungsrechte von Arbeitnehmern beeinträchtigt werden. Dies kann jede strukturelle Änderung sein, die beispielsweise bewirkt, dass ein Schwellenwert von Mitbestimmungsrechten überschritten wird. Diese starre Regelung erntet bereits in der Fachliteratur Kritik.

Man darf gespannt sein, ob im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens insbesondere die Missbrauchs- bzw. Blockademöglichkeiten von unredlichen Gläubigern noch relativiert werden und insbesondere im Hinblick auf die Sperre für bestimmte strukturelle Veränderungen noch Erleichterungen aufgenommen werden. Es bleibt also spannend. Gegebenenfalls kommt es in Betracht noch von Übergangsregelungen Gebrauch zu machen und zeitnah auf der Grundlage des bisherigen Rechtes grenzüberschreitende Umwandlungen anzugehen.

  • Dr. Steffen Lorscheider, LL.M.

    • Rechtsanwalt und Notar
    • Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht