Richterliche Klimakontrolle: Wenn „umweltneutral“ ins Schwitzen kommt

In den letzten Jahren hat das Thema Klimaschutz immer mehr an Bedeutung gewonnen. Viele von uns sehen es täglich in den Nachrichten und spüren es im Alltag. Unternehmen haben das erkannt und werben vermehrt mit „klimaneutralen“ oder „umweltneutralen“ Produkten. Aber was bedeutet das eigentlich genau? Und wann dürfen diese Begriffe überhaupt verwendet werden?

Es gibt Uneinigkeit darüber, wann ein Produkt als „klimaneutral“ oder „umweltneutral“ bezeichnet werden darf. Einige Unternehmen meinen, es reiche aus, wenn sie in Projekte investieren, die den CO2-Ausstoß reduzieren, um ihre Produkte als „neutral“ zu bezeichnen. Andere sehen das kritischer.

Zwei aktuelle Urteile werfen Licht auf diese Frage:

Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf und der Fall Katjes: Das OLG Düsseldorf hat sich mit der Werbung eines Katjes-Produktes befasst, das als „klimaneutral“ in einer Zeitung präsentiert wurde. Das Gericht gab grünes Licht für die Werbung, weil ein QR-Code in der Anzeige auf weitere Informationen bei ClimatePartner verwies. Das OLG betonte, dass der Begriff „klimaneutral“ nicht zwangsläufig bedeutet, dass ein Produkt ohne Emissionen hergestellt wurde. Es reicht, wenn ein Unternehmen seine CO2-Bilanz ausgleicht, z. B. durch Investitionen in klimafreundliche Projekte (Urt. v. 06.07.2023, I-20 U 152/22).

Das Landgericht (LG) Karlsruhe und der Fall dm: Hier sah das Gericht die Sache deutlich kritischer. Die dm-drogerie markt GmbH & Co. KG hatte ähnlich wie Katjes geworben, wurde jedoch vom Gericht zur Unterlassung verurteilt. Das LG Karlsruhe forderte, dass Unternehmen sehr detailliert darüber informieren müssen, wie sie zu ihrer „Klimaneutralität“ kommen. Es reicht nicht aus, nur in Waldschutzprojekte zu investieren. Das Gericht argumentierte, dass solche Projekte gar nicht in der Lage wären, dauerhaft Treibhausgase zu neutralisieren (Urt. v. 26.07.2023, 13 O 46/22 KfH).

Beide Gerichte sind sich jedoch einig, dass Unternehmen ihre Kunden auch online über die Hintergründe informieren können, da auf Verpackungen oft nicht genug Platz dafür ist.

Bemerkenswert ist sicherlich noch, dass das Urteil des OLG Düsseldorf nicht rechtskräftig ist. Wegen der Bedeutung der damit im Zusammenhang stehenden Fragen hat das OLG Düsseldorf die Revision zugelassen. Es ist also in nicht allzu langer Zeit mit einer höchstrichterlichen Entscheidung zu dieser Frage zu rechnen.

Was bedeutet das für Unternehmen?

Bis es eine klare Entscheidung gibt, sollten Unternehmen davon absehen, mit den Begriffen „klimaneutral“ oder „umweltneutral“ zu werben, wenn diese nur durch eine Kompensation erreicht werden. Zumindest wenn man die Maßstäbe des LG Karlsruhe zugrunde legt, sind mit einer entsprechenden Werbung erhebliche Risiken verbunden. Zumindest auf Verpackungen, die sich im Falle einer gerichtlichen Untersagung nur mit hohem Aufwand ändern lassen oder im schlimmsten Fall sogar zurückgerufen werden müssen, ist Zurückhaltung geboten.

Und wie können Unternehmen sicherstellen, dass ihre Produkte wirklich CO2-neutral sind?

Die Gerichte meinen aktuell, dass Unternehmen das selbst nachweisen können. Aber es wäre klug, eine unabhängige Überprüfung durch Experten durchzuführen. Die EU-Kommission plant bereits eine neue Regelung dazu, die eine solche externe Überprüfung vorschreibt, diese ist aber noch nicht in Kraft.